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Ukraine

Die Realität des Krieges

In den letzten Wochen wurden mehrere Millionen Ukrainer aus Sicherheitsgründen dazu gedrängt, ihr Land zu verlassen. Hunderte und Aberhunderte von ihnen haben in der Schweiz Zuflucht gefunden. Wer kennt nicht eine Familie, die eine Frau und ihre Kinder, vielleicht eine Großmutter oder einen Großvater, eine Tante aufgenommen hat? Das ist die traurige Realität des Krieges, die einige in der Schweiz noch in Erinnerung haben, während sie vielen anderen auf eine brutale und dramatische Art und Weise bewusst wird, wenn sie diese verwirrten Menschen sehen, diese getrennten Familien, diesen Druck, sich wieder ein Zuhause zu schaffen, wo nichts wie zu Hause ist, so schnell wie möglich eine Sprache zu lernen, sich an einen anderen Lebensstil anzupassen, mit der Traurigkeit beim Gedanken an die für immer verschwundenen Angehörigen oder der Angst, die geliebten Menschen nicht mehr wieder zu sehen… 

 

Der Handel im Leid

Und in all diesem Leid lauern sie, die Raubtiere, jene, die den Schwächsten und Verletzlichsten nie eine Pause gönnen, denn auf ihnen basiert ihr Geschäft… 

Die Medien hatten es berichtet: Menschenhändler gehen in die Zentren, in denen die Ukrainer zusammengeführt werden, häufig Frauen mit ihren Kindern und ältere Menschen. Diese Menschenhändler bieten Arbeit in der Prostitution an. Die Zentren reagierten schnell, der Zugang zu den Privateinrichtungen wurde ihnen verwehrt und die Eingänge von Sicherheitskräften (Securitas) bewacht. Wir waren dort und stellten fest, dass der Schutz ernst gemeint und wirksam war! Ein junger Mitarbeiter des Zivildienstes erklärte uns, dass sich mehrere Frauen tatsächlich darüber beschwert hatten, dass sie von Menschenhändlern kontaktiert worden waren. 

Persönliche Hilfe

Wir druckten unsererseits Flyer zur Prävention in ukrainischer Sprache und verteilten sie an Bahnhöfen und in verschiedenen Flüchtlingszentren. Wir verteilten sie auch persönlich von Hand zu Hand und forderten die Menschen auf, vorsichtig zu sein. Viele waren von dieser Information schockiert. Die Vorstellung, in ihrer Notlage und Stress auch noch böswilligen Menschen zum Opfer zu fallen, schien ihnen in ihrer Situation unvorstellbar… Eine ukrainische Journalistin erzählte uns, dass viele Frauen und Mädchen von den Soldaten vergewaltigt wurden und am Boden zerstört seien, weil sie so etwas Schreckliches erlebt hatten. Sie wusste, dass sich auch Menschenhändler an den Grenzen aufhielten, um den Frauen anzubieten, ihnen zu folgen… Sie riet uns, unsere Präventionsarbeit fortzusetzen, insbesondere in mehreren Gruppen sozialer Netzwerke, die von ukrainischen Flüchtlingen in der Schweiz genutzt werden und deren Namen sie uns gab. 

Dazu sind diese Menschen fähig, und so werden viele Frauen, die der Armut, ihrer aussichtslosen Situation oder ihrem familiären Elend entfliehen wollen, in ein Prostitutionssystem gepresst, das kein Mitleid mit ihrer Geschichte und ihren Gefühlen hat. Bei Perla wissen wir, dass wir gegen den Strom der meisten Vereine und Organisationen schwimmen, die Prostitution als „normale“ Arbeit betrachten und Prostituierte als „Sexarbeiterinnen“ bezeichnen. 

Dennoch sind wir bei Perla nach wie vor davon überzeugt, denn das ist es, was wir vor Ort sehen, dass die große Mehrheit nicht aus freien Stücken dort ist, sondern aus Notwendigkeit oder Zwang. Und wenn man einer Frau, die unter dem Einfluss eines Netzwerks steht, sagt, dass diese Tätigkeit als Prostituierte eine wahre Befreiung für die Frau ist, und sie ermutigt, daraus ihr Leben zu gestalten, hindert man sie daran, die Wahrheit ihrer Situation aufzudecken, bei der es sich um Menschenhandel handeln kann. 

Bei Perla sehen wir es als unsere Pflicht an, allen potenziellen Opfern Raum zum Reden zu geben, indem wir nicht direkt davon ausgehen, dass Prostituierte ihre Tätigkeit frei ausüben. Es liegt uns fern, über Personen zu urteilen, die sich tatsächlich dafür entscheiden, von dieser Tätigkeit zu leben, wie uns manchmal vorgeworfen wird. Wir möchten jedoch darauf aufmerksam machen, dass das, was für einen Teil von ihnen zutreffen mag, für andere nicht zutrifft. 

Wie uns die Leiterin eines Erotiksalons sagte: „Gegen den Menschenhandel vorzugehen, ist sinnlos. Die Opfer werden ohnehin nie reden! Denn wenn der Zuhälter ins Gefängnis geht, wissen sie, dass sie an dem Tag, an dem er entlassen wird, für immer bereuen werden, geboren worden zu sein, wenn sie überhaupt überleben! Diese Frauen fürchten um ihr Leben und das ihrer Familie, sie werden schweigen und die Menschenhändler können ihre Arbeit fortsetzen“. Ist das nicht makaber? Und vor allem … Ist es nicht dringend notwendig, die Opfer zu erreichen, um sie vor diesen Menschen schützen zu können, die keine Sitten und kein Herz angesichts des menschlichen Elends haben? 

Von Betsy

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